20 Nov, 2022 |
#1: Inneres Kind
Das (verletzte) innere Kind – Was ist das?
Die Bezeichnung „inneres Kind“ steht für einen Anteil in uns, der sich durch positive und negative Erfahrungen in unserer frühesten Kindheit entwickelt hat und sich auf unser gesamtes Leben auswirkt. Meist wird in Zusammenhang mit diesem Konzept nur auf jenen Part eingegangen, der die ungünstigen Erfahrungen betrifft, da diese unserem Erwachsenen-Ich oft Schwierigkeiten in Form von automatisierten Denk- und Verhaltensweisen bereiten.
Jeder von uns trägt ein verletztes inneres Kind in sich.
Solange wir diesen Anteil in uns nicht heilen, kann das verletzte innere Kind nicht erwachsen werden und wir reagieren auch im Erwachsenenalter mit ähnlichen Mustern.
Das verletzte innere Kind sabotiert also unser Leben im Hier & Jetzt!
Hinweise, dass auch du dich um dein inneres Kind kümmern solltest
- Du machst immer wieder dieselben Erfahrungen
- Du strebst nach Harmonie und vermeidest Konflikte
- Dir fällt es schwer, „nein“ zu sagen
- Du leidest unter dem sogenannten Helfersyndrom
- Du kannst dich nicht fallen lassen und versuchst stets die Kontrolle zu behalten, aus Angst verletzt zu werden
- Du fühlst dich durch Aussagen anderer schnell angegriffen oder verletzt
- Du hast das Gefühl, etwas leisten zu müssen um anerkannt, gemocht oder geliebt zu werden
- Du strebst nach Perfektionismus
- …
Die ersten 6 Lebensjahre – Enorme Bedeutung für unser späteres Leben
Diese Phase der frühen Kindheit hat einen entscheidenden Einfluss auf unsere Persönlichkeitsbildung und -entwicklung. Zum Zeitpunkt unserer Geburt ist unser Gehirn nämlich nur zu etwa 25% „verdrahtet“. Unsere Gehirnstruktur mit den entscheidenden neuronalen Verschaltungen bildet sich durch Prägungen, Konditionierungen und Sozialisierungen in den ersten sechs Lebensjahren. Wiederkehrende gleichartige Erfahrungen mit primären Bezugspersonen (in der Regel unseren Eltern) prägen sich tief in unser Gehirn ein, werden abgespeichert und beeinflussen so unser Denken, Fühlen und Handeln.
Wir werden in dieser Zeit sozusagen programmiert!
Ungünstige Erfahrungen und die große Rolle der Interpretation
Insbesondere sich wiederholende Kränkungen und Verletzungen finden den direkten Weg in unser Un(ter)bewusstsein und beeinflussen so im späteren Leben u.a.
- Selbstwert,
- (Ur-)Vertrauen und
- zwischenmenschliche Beziehungen.
In der Regel wird kein Elternteil der Welt bewusst sein Kind kränken oder dissen. Und schon gar nicht mehrmals. Wenn es dennoch geschehen sollte, dann wird eine Entschuldigung folgen und es wird alles darangesetzt werden, dem Kind zu vermitteln, dass es gut und richtig ist und geliebt wird.
Wie so oft liegt hierbei der Knackpunkt auf „bewusst“. Die wenigsten Eltern sind sich leider ihres Verhaltens und vor allem der Folgen bewusst. Es ist ihnen nicht klar was sie dem Kind auf einer unbewussten Ebene vermitteln bzw. wie dieses es interpretieren könnte.
Kinder wollen alles verstehen
Es liegt in der Natur der Kinder, die Welt verstehen zu wollen. Daher interpretieren sie das Verhalten ihrer Eltern oftmals leider zum eigenen Nachteil.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, eine alleinerziehende Mutter mit Kleinkind ist auf einen Vollzeit-Job angewiesen. Sie hetzt jeden Tag zwischen Kinderbetreuungsstätte und Arbeitsplatz hin und her und hat abends noch den Haushalt zu erledigen. Neben dem schlechten Gewissen wenig Zeit für ihr Kind zu haben, belastet sie natürlich auch die Tatsache, dass ihr Privatleben gänzlich auf der Strecke bleibt. Dementsprechend ist ihr Nervenkostüm sehr zart besaitet und sie wird bereits bei Kleinigkeiten dem Kind gegenüber laut.
Das Kind möchte das Verhalten seiner Mutter verstehen. Die Interpretation könnte z. B. sein „Ich falle zur Last“, „Ich bin nicht erwünscht“ oder „Ich mache nichts richtig“ und deshalb reagiert Mama so.
Das Resultat: negative Glaubenssätze
Negativ behaftete Erfahrungen und Interpretationen werden, v. a. wenn sie wiederholt vorkommen, nicht verarbeitet und führen auf einer unbewussten Ebene zu unvorteilhaften Gedanken und Überzeugungen. Und daraus entwickeln sich dann negative Glaubenssätzen über die Welt, uns selbst und unser Leben.
Wir nehmen im Außen unbewusst vor allem das wahr, das unsere inneren Glaubenssätze bestätigt!
Die Folge: Schutzstrategien
Unsere inneren Programme bewirken, dass sich mit der Zeit ein unbewusst ablaufender Reiz-Reaktions-Mechanismus einstellt. Die Glaubenssätze wecken entsprechende negative Gefühle auf die ein bestimmtes Verhalten folgt.
Kinder möchten mit ihren Eltern gut klarkommen und natürlich auch die negativen Gefühle vermeiden. Sie entwickeln daher bestimmte Verhaltensstrategien, die je nach Glaubenssatz anders gestaltet sein können und ihr späteres Leben blockieren.
In unserem Beispiel wird das Kind zum eigenen Schutz wahrscheinlich alles daransetzen, dass zu Hause Harmonie herrscht. Seine Schutzstrategie könnte also übermäßiges Harmoniestreben sein.
Die Verhaltensweisen werden deshalb auch Schutzstrategien bezeichnet, weil sie uns im Kindesalter davor beschützt haben, die negativen Gedanken und Gefühle haben zu müssen.
Damals hatten sie also etwas „Gutes“ für uns.
Heute im Erwachsenenalter sabotieren sie uns jedoch!
Beispiele für Schutzstrategien
- Es allen recht machen zu wollen
- Perfektionismus und/oder Leistungsdrang
- Harmoniesucht und/oder Klammerverhalten
- Rückzug, Konfliktvermeidung, Flucht
- Kontroll-/Machtstreben
Ende der Sabotage!
Höchste Zeit, dass wir uns der blockierenden Muster bewusstwerden und sie im Hier & Jetzt verändern.
Dafür ist es wichtig, an den Ursprung deiner negativen Glaubenssätze zurückzugehen.
Es geht darum zu verstehen, welche Erfahrungen oder Überzeugungen dein Gehirn geprägt haben.
Um unser inneres Kind verstehen zu können, dürfen wir uns folgende Dinge bewusst machen:
- Welche ungünstigen Erfahrungen habe ich als Kind gemacht und welche inneren Überzeugungen haben sich dadurch gebildet?
- Was hätte ich als Kind gebraucht?
- Welche dieser Glaubenssätze sind heute noch aktiv und werden getriggert?
- Mit welchen Verhaltensweisen wollte ich mich als Kind schützen?
- Welche Muster laufen auch heute noch unbewusst ab?
Mit deiner Bewusstheit darüber wird die Brille klarer, durch die du dich selbst und die Welt bis jetzt wahrgenommen hast! Wie das in der Praxis ablaufen könnte, zeigt auch die Geschichte von Anna.
5 Schritte zur Selbstwirksamkeit
Mit einem bewussten Mindset können wir alten Überzeugungen die Macht nehmen, unser Leben im Hier & Jetzt zu bestimmen .Es geht darum, unsere Kern-Glaubenssätze zu identifizieren & aufzubrechen und schließlich durch neue zu ersetzen.
1. Schritt:
Identifiziere deinen alten Kern-Glaubenssatz! Beginne mit dem stärksten.
Welche Erfahrungen hast du gemacht und welche Schlüsse hast du daraus gezogen?
z.B. Ich bin nicht gut genug.
2. Schritt:
Lasse bewusst das Gefühl von damals aufkommen und gib ihm Raum. Nur so kann es sich abschwächen. Nimm wahr, was du als Kind in dieser Situation gebraucht hättest und gib es dir (eventuell im Rahmen einer kurzen Meditation) selbst.
z.B. Stelle dir dich als Kind vor. Umarme dich vor deinem inneren Auge und sage dir, dass du genauso richtig und gut bist.
3. Schritt:
Finde Beweise dafür, dass dieser Glaubenssatz nicht wahr ist.
z.B. Führe dir eine Situation vor Augen, die das Gegenteil beweist.
4. Schritt:
Finde neue Glaubenssätze die sich für dich stimmig anfühlen.
z.B. Ich bin mir selbst genug.
5. Schritt:
Achte im Alltag bewusst darauf, wann du in alte Muster zurückfällst und richte dein Denken & Handeln immer wieder entsprechend deiner neuen Glaubenssätze aus.
Deine Vergangenheit bestimmt nicht deine Zukunft!
Unser großer Vorteil: Neuroplastizität
Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, sich neu formen zu können. Und das in jedem Lebensalter!
Der entscheidende Erfolgsfaktor hierbei ist die Wiederholung. Unser Geist braucht Schulung.
Je öfter wir etwas tun oder denken, desto besser und nachhaltiger verschalten sich die neuen neuronalen Verbindungen in unserem Gehirn.
Gerne unterstütze ich dich auch dabei!
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